Datum
09.10.2020
Themenbereiche
Wassermanagement
Regionen
Vietnam
Projekte
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Bohrung eines Grundwasserbrunnens in der Ca Mau Provinz, Vietnam
Bohrung eines Grundwasserbrunnens in der Ca Mau Provinz, Vietnam

ViWaT Engineering: KIT-Einsatz für die Wasserqualität in Südvietnam

Karlsruher Wissenschaftler kämpfen gegen Landsenkung und zunehmende Versalzung von Gewässern und Grundwasser

Klimawandel und menschenbedingte Einflüsse bedrohen das Mekong-Delta: Private Brunnen und übermäßiger Gebrauch von Grundwasser haben dafür gesorgt, dass der Grundwasserspiegel sinkt, sich das Land senkt und durch Versalzung auch Süßwasserressourcen verloren gehen. Hier setzen Wissenschaftler von vier Instituten des KIT mit dem Verbundprojekt „ViWaT-Engineering“ an. Sie entwickeln mit lokalen Partnern Konzepte, Strategien und Maßnahmen, um diese Prozesse zu stoppen, die letztlich Lebensbedingungen der Region bedrohen.

Das Mekong- Delta ist eine für Vietnam wirtschaftlich sehr bedeutende Region. Das Untersuchungsgebiet der Ca Mau Halbinsel ist für Vietnam eine der wichtigsten Reisanbau- und Shrimpzuchtgebiete.  Durch Klimawandel und menschenbedingte Einflüsse ist das Delta inzwischen jedoch in seiner derzeitigen Existenz bedroht. Intensive Übernutzung von Grundwasser führte zum starken Abfall der Grundwasserspiegel und einer fortschreitenden Landsenkung. In Verbindung mit dem anhaltenden Anstieg des Meeresspiegels folgt dabei rapider Landverlust in den Küstenbereichen. „Die Prozesse gehen einher mit zunehmender Versalzung der Oberflächengewässer und des Grundwassers“, so Dr. Nicolas Börsig vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Dadurch sind die regionale Verfügbarkeit und Qualität der vorhandenen Wasserressourcen gefährdet.

Ob Charakterisierung der Wasserqualität und Landsenkungsprozesse, Ökosystembewertung, Wasserbedarfsanalyse, Konzepte zur Wasseraufbereitung, Weiterbildung von Fachkräften oder Entwicklung und Bau von Küstenschutzmaßnahmen: Die Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus vier KIT-Instituten befassen sich in Kooperation mit deutschen Unternehmen und lokalen Partnern im Forschungsprojekt „ViWaT-Engineering“ mit der Entwicklung eines nachhaltigen Küstenschutzes und Wassermanagements.

Dabei geht es um die Entwicklung sowie Umsetzung von nachhaltigen Strategien, Konzepten und technischen Maßnahmen, um der negativen Entwicklung im südlichen Vietnam entgegenzuwirken. „Die Landsenkung ist gravierend“, so Börsig: „In einigen Gebieten über zwei Zentimeter pro Jahr während das Gebiet nur rund einen Meter über Meeresspiegelniveau liegt.“ Das ist auch deutlich erkennbar an Straßen oder Gebäuden, die mittlerweile bauliche Mängel aufweisen. Zudem senkt sich – auch durch viele private Brunnen – der Grundwasserspiegel immer weiter ab.

Erste technische Umsetzungsmaßnahmen laufen, trotz Covid 19

Dank eines KIT-Doktoranden vor Ort, der zu seiner Familie in Vietnam reiste – und von dort in das Projektgebiet – sind die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe im permanenten Austausch mittels Chat und Videokonferenzen – und quasi „vor Ort“. So konnte trotz der Auswirkungen der Covid 19-Pandemie mit der Bohrung eines ersten 235 Meter tiefen Grundwasserbrunnes für das Monitoring der Wasserqualität begonnen werden. Weitere Bohrungen folgen. Diese werden eingebunden in das bestehende Monitoringnetzwerk der vietnamesischen Behörden, „erweitern gewissermaßen das Netz an Messstellen“, erläutert Börsig: „So können wir auch erkennen, in welcher Tiefe Grundwasser von welcher Qualität vorhanden ist und Rückschlüsse ziehen, welche Gebiete wie betroffen sind.“ Immerhin ist das Mekong-Delta – größer als Baden-Württemberg – ein riesiges Labyrinth aus Flüssen, Kanälen und Sümpfen, in dem über 20 Millionen Menschen leben – zwischen schwimmenden Märkten und Reisfeldern. „Wasser ist da“, so Börsig, „das Leben findet auch auf dem Wasser statt – doch die Qualität des Wassers ist entscheidend.“

Aus den Daten werden Vorhersagemodelle entwickelt

Neben der Entwicklung von Küstenschutzmaßnahmen ist daher ein Hauptziel des Verbund-Projekts, einen umfassenden Einblick in die zeitliche und räumliche Dynamik und Variabilität der Oberflächen- und Grundwasserqualität zu erhalten. Auf Basis der neu gewonnen und der vorhandenen Daten der vietnamesischen Partnerorganisationen werden anschließend Vorhersagemodelle entwickelt, „mit deren Hilfe Prognosen über die zukünftige Entwicklung getroffen und diejenigen Gebiete identifiziert werden können, die durch eine unzureichende Grundwasserqualität oder -menge stark gefährdet sind“, betont Börsig: „Hierbei helfen unter anderem die neu errichteten Grundwassermessstellen, die eine kontinuierliche und hochaufgelöste Messung der Versalzung und relevanter Wasserparameter wie pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Redoxpotential ermöglichen.“

Die im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelten Konzepte und Leitlinien für eine nachhaltige Nutzung und Versorgung durch alternative Wasserressourcen anstelle von Grundwasser lassen sich gezielt auch an regionale Gegebenheiten anpassen. Möglich sind hier die Aufbereitung von Oberflächenwasser, die Fernversorgung durch den Mekong oder auch das lokale Speichern von Regenwasser für die trockene Jahreszeit. Die entwickelten Methoden und gewonnen Erkenntnisse können zugleich auch auf andere Regionen in Vietnam und vergleichbare Deltaregionen weltweit übertragen werden.